Ergebnisbericht zum Symposium “Städtemobilität neu gedacht” am 26.10. (German)

Oct 30, 2023

Nach der Auftaktveranstaltung im März, lud der schwedische Mobilitätsanbieter Voi am 26.10. zum zweiten Mal in diesem Jahr zum Online-Symposium ein. Unter dem Titel “Städtemobilität neu gedacht” wurde vor allem eins deutlich: Geteilte Mobilität hält noch viele Potenziale bereit. Einblicke in den Status quo und Lösungsansätze im E-Scooter-Sharing gaben unter anderem Dr. rer. nat. Michael Hardinghaus, Projektleiter beim Institut für Verkehrsforschung des DLR, Markus Lübeck, Leiter Marktentwicklung bei Vianova, einem der größten Anbieter für Mobilitätsdatenplattformen in Europa, als auch Stephan Bölte und Christian Pfeuffer von Voi.

Voi: E-Scooter in der Mitte der Gesellschaft angekommen

Den Anfang machten Stephan Bölte (Deutschlandchef) und Tim Schäfer (Pressesprecher), die zunächst einen Einblick in die Datenlage bei Voi gaben. An den Nutzungszahlen zeigte sich deutlich, was Bölte später auf den Punkt brachte: “E-Scooter sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen”. Denn nicht nur ist die Nachfrage nach flexibler Mobilität in den letzten Jahren enorm gestiegen (rund 21,8 Mio. Fahrten in 2021 vs. rund 25 Millionen im noch laufenden Jahr), auch die Art der Nachfrage ändert sich. Spielten (Sommer-)Saison und Wochenende in der Vergangenheit eine große Rolle, verteilen sich die Fahrten heute gleichmäßig über alle Wochentage mit Höchstwerten zu Pendlerzeiten am Morgen und Abend. Insgesamt 70 Prozent der Nutzer:innen geben in der aktuellen globalen Voi-Umfrage an, ihre Fahrt mit dem ÖPNV zu kombinieren. Waren “Spaßfahrten” im Jahr 2021 der Hauptgrund für eine Scooter-Freischaltung (41 % der Angaben, Mehrfachauswahl), gaben im Jahr 2023 nur noch 16 % der Nutzer:innen dies als Grund an. Wichtiger waren Fahrten zur Schule, Uni und Arbeit sowie zu sozialen Anlässen. Auch Einkaufsfahrten auf E-Scootern werden allmählich alltäglich (2021: 9 %, 2023: 18 %). Auch die Demografie verändert sich: Sind früher vor allem jüngere Menschen zwischen 18 und 35 gefahren, ist der Anteil von Nutzer:innen über 45 Jahren inzwischen auf 21 Prozent angestiegen. Von Kritiker:innen wird häufig hervorgebracht, E-Scooter würden keine Autofahrten ersetzen. Voi entgegnet im Abschlussstatement mit Blick auf die gezeigten Zahlen: “Nicht der E-Scooter ersetzt Autofahrten, sondern eine attraktive Multimodalität.” Und zu dieser Multimodalität tragen E-Scooter schon heute einen wichtigen Teil bei.

 

Vianova: Regulatorische Landschaft noch ein Flickenteppich

Markus Lübeck, Leiter Politische Kommunikation und Marktentwicklung bei der Mobilitätsdatenplattform Vianova, gab anschließend Einblicke in Erkenntnisse aus der Zusammenarbeit mit europäischen Städten und Kommunen. Lübeck meint, die regulatorische Landschaft in Bezug auf E-Scooter-Sharing sei bislang noch von Stadt zu Stadt verschieden. Er verstehe nicht, warum die Regierung in Paris bereits mit Volocopter-Flugtaxis für die Olympiade im kommenden Jahr plane, aber noch keinen Standard bei der Regulierung von geteilter Mikromobilität finde. Für die Anbieter von E-Scooter-Sharing hat Lübeck lobende Worte übrig: Anbieter wie Voi seien “Vorreiter in der datenbasierten Kooperation mit Städten und Kommunen”. Erst mit dem Aufkommen von geteilter Mikromobilität sei eine “Kultur des datengetriebenen Mobilitätsmanagements” entstanden, die dabei helfe, öffentliche Mobilitätsangebote aber auch die städtische Infrastruktur evidenzbasiert zu optimieren.

DLR: E-Scooter- und Radfahrer:innen verhalten sich ähnlich

Dr. Michael Hardinghaus, Experte für Verkehrsforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), gab anschließend Einblicke in den Stand der Wissenschaft. Haupterkenntnis der Studie Mikromobilität auf Geh- und Radwegen (MMoNK): E-Tretroller-Fahrer:innen verhielten sich sehr ähnlich zu Fahrrad-Fahrer:innen. Das belege Videomaterial, in dem Konflikte zwischen Rad- und E-Scooterverkehr analysiert wurden. “Wir haben geringfügig mehr regelwidriges Verhalten und eine etwas höhere Geschwindigkeit als im Radverkehr”, so Hardinghaus. “Das ist aber nicht wirklich der Rede wert.” Die Lösung für regelkonformes Verhalten sei in beiden Modalitäten vor allem die Schaffung entsprechender Infrastruktur. “Eine gute Fahrradinfrastruktur ist gut für alle”. In einer abschließenden Empfehlungsliste für Kommunen rät die DLR-Forschungsgruppe Kommunen daher, E-Scooter in ihre verkehrspolitischen Strategien aktiv zu integrieren, wie etwa in München geschehen.

Voi: Funktionierende Lösungen gibt es schon heute

Den Abschluss des Symposiums machte Christian Pfeuffer von Voi. Der Städte-Manager, der vor allem für den bayerischen Raum zuständig ist, gab Einblicke in das von Hardinghaus genannte Fallbeispiel in München – aber auch in etablierte Lösungen in Nürnberg, Fürth, Erlangen und Augsburg. Pfeuffer zeigte an Datenpunkten, dass E-Scooter in allen Fällen bereits intermodal genutzt werden. Etwa jede zweite Fahrt startet oder endet in den gezeigten Städten an einer ÖPNV-Station. Mit gesonderten Parkzonen, wie in der gesamten Münchener Innenstadt, kann das sichere Abstellen an stark frequentierten Bereichen sichergestellt werden und gleichzeitig der hohen Nachfrage besser gerecht werden.

 


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